Was bedeutet eigentlich „vollständig kundenspezifisch“?
Im Bereich der Antriebstechnik taucht der Begriff „vollständig kundenspezifisch“ immer wieder auf – doch was genau steckt dahinter? Reicht eine angepasste Kabellänge aus? Oder beginnt Individualisierung erst mit einem neu entwickelten Stator? Dieser Beitrag klärt, wann ein Elektromotor als vollständig kundenspezifisch gilt – und welche Chancen, Anforderungen und Grenzen damit verbunden sind.
Von Standard über Varianten bis zu „vollständig kundenspezifisch“
Zwischen Serienprodukt und maßgeschneiderter Sonderlösung liegt ein breites Spektrum:
- Standardmotor: ab Lager verfügbar, ohne Änderungen
- Variantenmotor: mit modifizierter Schnittstelle (z. B. Anschluss, Welle, Kabellänge)
- Kundenspezifischer Motor: angepasste mechanische und/oder elektrische Eigenschaften
- Vollständig kundenspezifisch: Entwicklung eines komplett neuen Motorkonzepts, basierend auf einer spezifischen Applikation
Letzteres ist vor allem bei OEM-Projekten mit besonderem Anforderungsprofil relevant – z. B. in der Medizintechnik, optischen Messtechnik oder Automatisierung.
Technische Merkmale einer kundenspezifischen Lösung
Ein vollständig kundenspezifischer Motor unterscheidet sich meist in mehreren der folgenden Bereiche:
- Mechanik: spezielle Flansche, Gehäuse, Wellenformen, Lagersysteme
- Magnetik: individuelle Rotor- oder Statorauslegung, optimierte Polgeometrie
- Wicklung: auf Applikation abgestimmte Windungszahl, Drahtquerschnitt, Isolationsklasse
- Elektronik: integrierte Treiber, Sensorik oder Schnittstellen
- Anschlusstechnik: maßgeschneiderte Steckverbinder, Kabellängen, EMV-Maßnahmen
Oft wird auch das thermische Design (Kühlkörper, Verguss, Wärmeableitung) auf die Umgebung abgestimmt.
Vorteile für den Kunden
Ein maßgeschneiderter Antrieb bietet:
- Perfekte Integration in das Zielsystem (keine Adapter, keine Kompromisse)
- Optimierte Performance, da auf die reale Belastung und Betriebsweise abgestimmt
- Vereinfachung der Gesamtmechanik, z. B. durch direkte Integration in Gehäuse oder Module
- Schutz vor Nachbau, da das Produkt nicht im freien Handel erhältlich ist
- Langfristige Versorgungssicherheit, oft mit vereinbarter Exklusivität
Herausforderungen und Voraussetzungen
Ein kundenspezifischer Motor bringt auch Aufwand mit sich:
- Entwicklungszeit (meist 6–20 Wochen je nach Komplexität)
- Entwicklungs- und Werkzeugkosten (NRE)
- Abstimmungsaufwand bei Freigaben und Tests
- Projektbindung und Mindestabnahmemengen
Daher lohnt sich dieser Weg vor allem bei Serienbedarf oder sehr spezifischen Anforderungen.
Typische Einsatzfälle
„Vollständig kundenspezifisch“ ist häufig die Lösung in Branchen wie:
- Medizintechnik (z. B. Pumpen, Scanner, OP-Roboter)
- Automatisierung (z. B. Greifer, kompakte Achsen)
- Optik / Messtechnik (z. B. Positioniereinheiten)
- Spezialgerätebau (z. B. Analysegeräte, Prüfstände)
Hier ist Standard selten ausreichend – und Individualität ein echter Wettbewerbsvorteil.
Fazit
„Vollständig kundenspezifisch“ bedeutet: Der Motor wird konsequent an die Anwendung angepasst – in Geometrie, Eigenschaften und Funktion. Wer diesen Weg geht, erhält keine Kompromisslösung, sondern ein perfekt abgestimmtes System. Der Aufwand lohnt sich – vor allem in anspruchsvollen Märkten, in denen Platz, Präzision und Integration zählen.